Wer die Kapelle bezahlt, bestimmt was gespielt wird
Kennen Sie Präsentationen, nach denen Sie sich denken: „Das sah ja irgendwie ganz nett aus, aber ob das was für uns ist…?“ Gerade Softwareanbieter hinterlassen oft diesen Eindruck bei Anbieterpräsentationen. Wenn Ihnen das bekannt vorkommt, gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht.
Die schlechte Nachricht zuerst: Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie an diesem unbefriedigenden Ergebnis eine gewisse Mitschuld tragen, ist relativ hoch.
Die gute Nachricht: Solche Enttäuschungen können Ihnen in Zukunft erspart bleiben, wenn Sie sich auf die Anbieterpräsentation richtig vorbereiten und sich schon vorher über die Vertragsgestaltung Gedanken machen!
Klare Kommunikation, um versteckte Kosten zu vermeiden
Auch wenn die Erstpräsentation eines Anbieters keine direkten Kosten verursacht, investiert man doch Zeit und Mühe – für die Vorbereitung, den Termin selbst, die Nachbereitung, weitere Telefonate usw.
Daher sollte man direkt nach dem Termin bewerten können, ob der jeweilige Anbieter infrage kommt oder nicht. Weil man sich mehrere Produkte bzw. Implementierungspartner anschaut, muss anschließend ein halbwegs objektiver Vergleich möglich sein. Halbwegs deswegen, weil es Objektivität hier, wie in fast allen Lebenslagen, nur näherungsweise geben kann. Schließlich entscheidet man immer auch emotional. Aber das ändert nichts daran, dass man Vergleichsanker braucht.
Natürlich ist hier zunächst nur von Erstpräsentation die Rede. Zu anderen Formaten, wie etwa Workshops, sollte man ohnehin nur höchstens drei Anbieter einladen, da ein Workshop wesentlich zeit- und kostenintensiver ist.
In meiner Laufbahn habe ich viele Erstpräsentationen anbieterseitig durchgeführt und auch in anderen Projekten oft mit Kunden über deren Erfahrungen gesprochen. Immer wieder ergibt sich dabei das gleiche Bild: Im Vorgespräch geben die Interessenten einige Schlagworte zu Themen vor, für die sie sich besonders interessieren. Gegebenenfalls werden noch einige Artikeldaten übermittelt. Das ist in der Regel schon alles.
Zu den üblichen vorab kommunizierten Stichpunkten gehören etwa folgende:
- Wir möchten im Lager mit MDE-Geräten arbeiten.
- Wir haben eine Serienfertigung.
- Wir brauchen ein Dispositionstool.
- Unsere Auftragsbearbeitung muss effizienter werden.
Solche Informationen sind sicher nützlich, aber viel zu vage, um daraus eine maßgeschneiderte Präsentation zu entwickeln. Aber genau das brauchen Sie schließlich: eine Präsentation, die sich an Ihren Anforderungen orientiert. Das bedeutet nicht, dass eine Erstpräsentation ganze Tage dauern muss. Aber der Anbieter sollte Ihnen doch in zwei bis drei Stunden die Abläufe demonstrieren, die Ihnen als weitere Entscheidungsgrundlage dienen können. Prozesse, die jedes System mehr oder weniger automatisiert erledigt und die für Sie vielleicht auch nur mäßig interessant sind, dürfen dann getrost außen vor bleiben. Wenn Sie dem Anbieter die Ihnen wichtigsten Prozesse nicht deutlich genug benennen, wird er zwangsläufig versuchen, Ihre Ansprüche zu erraten oder schlicht auf eine Routine zurückgreifen, der er in solchen Fällen immer folgt. Am Ende wirft er eine standardisierte Powerpoint-Präsentation an die Wand und führt Ihnen vor, was er schon dutzenden Interessenten gezeigt hat.
Die richtige Vorbereitung für die Anbieterpräsentation
Bereiten Sie sich intensiv auf die anstehende Aufgabe vor: die Implementierung einer neuen ERP-Software. Ich empfehle – noch vor der Anbieterauswahl – die folgenden Schritte:
- Aufnahme der notwendigen Geschäftsprozesse (grober Projektumfang)
- Dokumentation der funktionalen Anforderungen in Form eines KURZEN Lastenheftes
- Erarbeitung einer Einführungsmethodik, die speziell auf Ihr Unternehmen ausgerichtet ist
Bei der Klärung der funktionalen Anforderungen helfen beispielsweise folgende Fragen:
- Werden MDE-Geräte eingesetzt?
- Wie funktioniert die Preisfindung /Preiskalkulation?
- Wie sollen die Daten in der Produktion – falls vorhanden – erfasst werden?
- Welche Unternehmensdaten sind erforderlich?
Diskutieren Sie danach mit Ihrem Team, welches die kritischen, optimierungsbedürftigen Abläufe sind. Welche Strukturen machen Sie als Unternehmen aus? Durch welche Abläufe unterscheiden Sie sich von anderen Unternehmen? Erfahrungsgemäß machen genau diese Prozesse letztlich den Unterschied aus – sowohl für den Nutzen als auch die Kosten des Projekts.
Fazit
Machen Sie sich bereits im Vorfeld Gedanken zur verwendeten Projektmethodik! Finden Sie heraus, ob der Anbieter diese Methodik beherrscht und schon erfolgreich verwendet hat. Denn es ist Ihr Projekt – nicht das des Anbieters. Und die Umsetzung beeinflusst letztlich Ihr Unternehmen.
Erfragen Sie auch direkt Referenzkunden aus Ihrer Branche, bei denen idealerweise eine ähnliche Projektmethodik zum Einsatz kam und die Sie auf ihre Erfahrungen ansprechen können.
Mit der skizzierten Vorgehensweise können Sie die Erstpräsentation von Anbietern nach Ihren Bedürfnissen mitgestalten. Außerdem werden Sie eine wesentlich fundiertere Auswahl der Anbieter treffen, mit denen Sie den weiteren Weg zu einem erfolgreichen ERP-Projekt beschreiten.