Project Scope: Verwendung und Aktualisierung

Inhaltsangabe

Verwendung des Project Scope vor Projektstart

Der Project Scope hat vor dem Projektstart verschiedene Funktionen. Einerseits dient er als Grundlage für die Projektplanung und das Projektmanagement. Schließlich beschreibt er, was Sie mit dem Projekt erreichen wollen und definiert den kompletten Projektumfang. Anhand des Scopes ermittelt der Projektleiter zusammen mit dem Projektteam, welche Schritte und Aufgaben nach dem aktuellen Kenntnisstand notwendig sind, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen. Diese Schritte sollten unbedingt erfolgen, bevor Sie sich mit Softwareanbietern und Implementierungspartnern auseinandersetzen! Denn das Ziel ist zu diesem Zeitpunkt noch völlig unabhängig von der später eingesetzten Software.

Neben der Ermittlung notwendiger Projektschritte kann der Project Scope auch dazu dienen, ein softwareunabhängiges Lastenheft zu erstellen. Das ist nicht für alle Projekte erforderlich, da der ausgearbeitete Projektumfang schon beschreibt, wozu das ERP-System fähig sein muss. Die Erstellung ist allerdings ratsam, wenn nicht nur ein Update umgesetzt, sondern vielleicht sogar eine ganz neue Software angeschafft und implementiert werden soll.

Je präziser im Scoping-Prozess, also bei der Feststellung des Umfangs, gearbeitet wird, desto präziser kann die Projektplanung ablaufen. Ein schwammig definierter oder gar fehlender Projekt Scope führt meiner Erfahrung nach immer dazu, dass auch die darauffolgenden Schritte unklare Ergebnisse liefern und Tätigkeiten häufig nicht ausreichend detailgenau bestimmt werden.
 

Verwendung des Project Scope zur Angebotsklärung

Egal, ob der Anbieter schon gefunden oder noch ein Anbietervergleich aussteht: Ohne den Projektumfang genau definiert zu haben, ist es nicht sinnvoll, überhaupt mit einem Anbieter zu sprechen. Wie früher schon erklärt, sollten Sie Ihr eigenes Projekt nicht davon abhängig machen, ob ein zunächst Außenstehender – nämlich der Anbieter – auf Anhieb versteht, wie Ihr Projekt am besten und effizientesten umgesetzt werden kann. Fragen wie „Wie funktioniert das denn heutzutage?“, „Wie machen Andere das denn?“ und „Haben Sie anderswo nicht schon einmal etwas Ähnliches umgesetzt?“ werden höchstens den Anbieter in Verlegenheit bringen, Ihnen selbst aber nicht weiterhelfen.

Im Rahmen der Angebotsklärung wird der Project Scope verwendet, um von einem oder mehreren Anbietern vergleichbare Angebote zu erhalten, die Sie wiederum eindeutig daraufhin prüfen können, ob ein Anbieter den gesamten Projektumfang berücksichtigt hat. Sie dürfen von einem Anbieter erwarten, dass er sich mit den einzelnen Punkten und Kapiteln des Scopes beschäftigt und einzeln auf Machbarkeit und Budget prüft. Dabei ist es in Ordnung, wenn dein Anbieter je Kapitel einen gewissen Budgetrahmen bestimmt. Die Dienstleistungen sollten aber zumindest in Programmierung, Customizing und Support unterteilt sein, um abschätzen zu können, inwieweit ein bestimmter Bereich den Individualisierungsgrad des Systems erhöht.
 

Verwendung des Project Scope im Budgetcontrolling

Nachdem der Anbieter feststeht, der Auftrag unterzeichnet ist und das Projekt gestartet wurde, sollte aus dem Anhang zum Auftrag ersichtlich sein, welche Budgets welchen Bereichen des Projektumfangs zugeordnet wurden. Die Budgets werden meistens als Spanne definiert. Im Auftrag stehen dann Durchschnittswerte, während Sie die ursprünglich genannte Spanne im Budgetcontrolling vermerken.

Achten Sie bereits bei der ersten Rechnung des Anbieters penibel darauf, dass die Rechnungsstellung (wir gehen von einer Abrechnung nach Aufwand aus) transparent ist! Nur so können Sie die geleisteten Aufwände den ursprünglichen Budgetpositionen zuordnen. Ist das nicht der Fall, sollten Sie das unbedingt nach der ersten Rechnung ansprechen. Eine intransparente Abrechnung ist an dieser Stelle inakzeptabel!

Ihr Budgetcontrolling sollte jede Rechnungsposition den einzelnen Punkten des Project Scope zuordnen. Achten Sie zusätzlich darauf, die bereits geleisteten/fakturierten Leistungen zu bewerten und je Position einen Fortschritt zu erfassen. So wird über den gesamten Projektverlauf sichergestellt, dass Sie jederzeit eingreifen können und Abweichungen so früh wie möglich erkannt werden.

Abschließend noch zwei Hinweise, wie Sie Ihr Budgetcontrolling erfolgreicher gestalten können:

  • Machen Sie sich frühzeitig Gedanken, inwieweit Sie innerhalb des Projektes eine ‚Fremdverwendung‘ von Auftragspositionen genehmigen möchten. Überlegen Sie sich, ob Sie dies nicht vielleicht gänzlich auszuschließen können und stattdessen die Budgets lieber teilweise nachverhandeln möchten. Ansonsten verwässert das Controlling womöglich – ein Problem, das leider sehr weit verbreitet ist.
  • Trennen Sie von Anfang an die Verwendung von Budgetpuffern (die sich z.B. aus einer Berechnung der maximalen Budgetspannen ergibt) von den Budgets, die Sie für ungeplante Änderungen verwenden. Zu Änderungen zählt dabei alles, was vor Auftragserteilung nicht bekannt oder eingeplant war. Die Puffer ergeben sich aus den vorher angegebenen Budgetspannen.

 

Verwendung des Project Scope im Fortschrittscontrolling

Wie oben zum Budgetcontrolling bereits beschrieben, wird der Fortschritt über die gesamte Projektdauer erfasst. Es ist äußerst wichtig, in allen Bereichen des Projektes den erzielten Fortschritt mit dem verwendeten Budget abgleichen zu können. Um diesen Fortschritt zu ermitteln, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Die richtige Vorgehensweise unterscheidet sich von Projekt zu Projekt. Manchmal reicht es sicherlich aus, die Keyuser oder Teilprojektleiter periodisch um eine Einschätzung zu bitten und diese zu dokumentieren. Normalerweise sollte der Projektfortschritt aber anhand von Prozesslisten und/oder Backlogpunkten eindeutig messbar sein. So wird auch grafisch sichtbar, wie es um die Projektziele steht.

Im Gesamtbild des kompletten Prozesses zeigt sich, dass der Project Scope weit mehr als eine formale Anforderung in der Projektplanung ist. Er ist das Herzstück und der Navigationskompass eines jeden erfolgreichen ERP-Projekts. Die präzise Definition und der sorgfältige Einsatz des Project Scopes in den verschiedenen Phasen des Projekts – von der Vorbereitung über die Angebotsklärung bis zum Budget- und Fortschrittscontrolling – sind entscheidend, um Transparenz, Klarheit und Effizienz zu gewährleisten.

Fehler oder Unklarheiten in diesem Bereich können das gesamte Projekt verwässern, während eine kluge Handhabung dazu beiträgt, dass Projektziele erreicht und Budgets eingehalten werden. Dieser Beitrag liefert nicht nur Einblicke in die theoretische Bedeutung des Project Scopes, sondern bietet auch praktische Ratschläge und Warnungen, die Projektleitern und -teams helfen können, die Fallstricke zu vermeiden, die oft mit unklaren oder schlecht definierten Scopes verbunden sind.

Der Project Scope ist nicht nur ein Werkzeug, sondern vielmehr eine Philosophie der Projektgestaltung, die, wenn richtig eingesetzt, den Weg zu einem erfolgreichen und reibungslosen Projektverlauf ebnen kann.

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Über den Autor

In seinen Artikeln zum Thema ERP-Software beleuchtet der erfahrene Projektmanager alle relevanten Prozesse. Neben dem Thema Wirtschaftlichkeit steht dabei vor allem die Motivation aller Beteiligten im Vordergrund. Mit seinem bedürfnisorientierten 360°-Konzept und dem 6-Phasen-Modell deckt er alle Aspekte eines erfolgreichen ERP-Projekts ab.