Über die Auswahl und die Besetzung der einzelnen Projektrollen wurde bereits geschrieben, doch wie sieht es mit der Mitarbeiterbewertung im ERP-Projekt aus? In diesem Artikel geht es nun um die Leistung und die Bewertung der einzelnen Projektmitglieder und wie diese Faktoren den Projekterfolg beeinflussen.
Probleme bei der Mitarbeiterauswahl
In der Regel wird vor allem darauf geachtet, dass die ausgewählten Personen als Key User umfangreiches Fach- und Prozesswissen mitbringen. In den letzten Jahren wird dies aber vermehrt zu einem Problem vieler Unternehmen. Die Zeiten, dass Arbeitnehmer ihr gesamtes Berufsleben in einem einzigen Betrieb bleiben, sind vorbei. Man kann beobachten, dass das junge Personal häufiger den Arbeitgeber wechselt, während sich viele Wissensträger bereits im Ruhestand befinden. Damit stehen innerhalb des Unternehmens weitaus weniger Mitarbeiter mit umfangreichem Wissen zum Altsystem und den Prozessen zur Verfügung.
Dies wird insbesondere dann zu einem Problem, wenn diese Mitarbeiter eigentlich für das ERP-Projekt benötigt werden, ihre alltäglichen Arbeiten aber nicht an andere delegieren können. Häufig bleiben unter dem Druck dann die Aufgaben aus dem Projekt auf der Strecke. Reichen die Mitarbeiterkapazitäten im laufenden Projekt nicht aus, müssen also zusätzliche Arbeitskräfte involviert werden. Doch darf man an dieser Stelle nicht sofort eine Besserung erwarten:
- Neue Projektmitglieder führen zunächst zu einem Leistungsabfall bei vorhandenen Projektbeteiligten
- Die Einarbeitung kann den Fortschritt zunächst hemmen
- Begeisterung für Unterstützung schlägt in Frust um, wenn die Mitarbeiter ihre eigenen To-Dos nicht schaffen
Geeignete Mitarbeiter finden
Um geeignete Mitarbeiter für das Projekt auszuwählen, kann eine Art internes Einstellungsverfahren sinnvoll sein. Zunächst sollte eine genaue Anforderungsliste für die zu besetzende Position erstellt werden:
- Welche fachlichen Anforderungen bringt die Position im Projekt mit sich?
- Welche methodischen Anforderungen müssen gegeben sein?
- Wie viel Zeit muss die Person voraussichtlich aufwenden?
- Wie sehen die Aufgaben aus?
- Eignet sich die Person von der Persönlichkeit her?
Erfüllt eine Person diese Kriterien, ist es Zeit für ein persönliches Gespräch. Im direkten Austausch klären beide Parteien, ob die Person für die Position geeignet ist und motiviert an die neue Herausforderung herangeht. Bei Einigkeit legen sie die Ansprechpartner vor Projektbeginn fest. Ein erfahrener Mentor unterstützt jeden neuen Mitarbeiter, beantwortet Fragen und erleichtert die Einarbeitung. Zusätzlich kann eine „Probezeit“ helfen, die richtige Besetzung sicherzustellen. Nach vier Wochen ziehen dann alle Beteiligten ein Fazit und entscheiden gemeinsam, ob die Person das Projektteam sinnvoll ergänzt.
Mitarbeiterbewertung im ERP-Projekt
Während des Projekts sollten die Mitarbeiter regelmäßig auf ihre Eignung überprüft und die Kriterien aus dem Einstellungsbogen hinterfragt werden:
- Erfüllt die Person weiterhin die fachlichen und methodischen Anforderungen, oder sind neue Themen hinzugekommen, für die sie nicht qualifiziert ist?
- Wird die eingeplante Zeit tatsächlich für das Projekt genutzt, oder bleiben Aufgaben liegen?
- Wie ist der Fortschritt offener Aufgaben?
Viele dieser Fragen sind sind Teil des Lenkungsausschusses, insbesondere in Bezug auf zeitliche Verzögerungen und den Bearbeitungsstatus von Aufgaben. Probleme bei einzelnen Mitarbeitern frühzeitig zu erkennen, ermöglicht gezielte Unterstützung und kann helfen, kritische Entwicklungen zu verhindern, bevor sie im Lenkungskreis zum Thema werden.
Ausscheiden aus dem Projekt
Der Umgang mit Mitarbeitern, die ihr Arbeits-Soll nicht erfüllen, ist kein explizites Thema im ERP-Projekt. Auch im normalen Tagesgeschäft ist dieses Thema präsent und der Umgang mit solchen Mitarbeitern von der Unternehmenskultur abhängig.
Dadurch, dass die Erfolge eines ERP-Projektes allerdings gut messbar sind und kein Mitarbeiter nach dem Ausscheiden aus dem Projekt auf der Straße steht, kommt dem Thema eine hohe Bedeutung zu. Nach meiner Erfahrung kann es einen positiven Aspekt auf das gesamte Projektteam haben, wenn in begründeten Einzelfällen Personen aus dem Projekt herausgenommen werden. Man kann auch sagen: es ist ein Muss sie zu entfernen, wenn sie die Stimmung des gesamten Projektes gefährden!
In jedem Projekt gibt es natürlich die klassischen Fälle von Mitarbeitenden, die ihre Aufgaben messbar nicht erledigen. Aber ehrlich gesagt, sind mir im Laufe der Zeit auch einige ganz besondere Individuen begegnet:
- Der Beinahe-Rentner – Er zählt die Tage bis zur Rente und hat ungefähr so viel Lust auf ein neues „Computersystem“ wie auf einen Marathonlauf in Sandalen.
- Der hochmotivierte Azubi – Voller Elan stürzt er sich auf jeden noch so kleinen Fehler, verliert dabei aber leider das große Ganze aus den Augen. Hauptsache, er hat den Bug gefunden!
- Der nicht-so-resiliente Mitarbeiter – Er startet jeden Morgen mit einem Berg an To-Dos und noch mehr schlechter Laune – und teilt beides großzügig mit dem Team.
- Der Teamleiter mit höheren Ambitionen – Sieht das Projekt weniger als Teamaufgabe, sondern mehr als Bühne für seinen persönlichen Karriere-Boost.
Natürlich ist diese Liste mit einem Augenzwinkern zu verstehen – aber wer hat nicht schon mal solche Charaktere im Projektteam erlebt? Man könnte fast einen eigenen Blogartikel über sie schreiben …
Fazit
Der Erfolg eines ERP-Projekts hängt wir schon oft erwähnt von den richtigen Teammitgliedern ab. Fachwissen allein reicht nicht – auch Motivation, Teamfähigkeit und methodische Kompetenz sind entscheidend. Ein klarer Auswahlprozess, strukturierte Einarbeitung und gegebenenfalls eine „Probezeit“ helfen, die passenden Mitarbeitenden zu finden. Eine stetige Mitarbeiterbewertung im ERP-Projekt sichert den Fortschritt des gesamten Projekts.
Zudem sollte das Team flexibel genug sein, neue Mitglieder effizient einzuarbeiten, während leistungsschwache Beteiligte notfalls aus dem Projekt genommen werden. Mit einer offenen Kommunikation und klaren Rollenverteilungen lassen sich typische Herausforderungen besser meistern – und besondere Charaktere im Team vielleicht mit einem Augenzwinkern betrachten.