Effektiv Zeit und Kosten beim ERP-Wechsel sparen

Geld und Zeit sind wichtige Faktoren beim ERP Wechsel, die oft aus dem Ruder laufen.

Inhaltsangabe

Funktionsumfang von ERP-Systemen

„Geschwindigkeit schlägt Präzision“. Dieser Satz gilt sicherlich nicht überall, aber mittlerweile glaube ich, dass dies in gewissem Masse auch für ERP-Projekte gilt. Zu groß die Versuchung im Rahmen der Anforderungsanalyse all die Dinge zu nennen, für die man sich schon immer interessiert hat. Von denen man sich im Alltag einen gewissen Effekt verspricht. Oft schießt man dabei übers Ziel hinaus und vergisst die eigentlichen Anforderungen an die Software.

In den frühen 2000ern war es in den Projekten meist so, dass ein Unternehmen eine ERP-Software besaß, die nur den Kern der Warenwirtschaft abdeckte, alles andere wurde durch Insellösungen abgebildet. Im Gegensatz dazu findet man heute größtenteils Systeme, die auch eine ganze Reihe dieser Subsysteme abgelöst haben.

ERP-Systeme kümmern sich heutzutage um:

  • Interessentenverwaltung
  • Qualitätssicherung
  • Objektmanagement
  • Kampagnenmanagement und Newsletter
  • Reporting und Auswertungen

Herausforderungen bei der Analyse der Anforderungen eines ERP-Wechsels

So gut das im ersten Moment klingt, so problematisch stellt sich dies bei einem ERP-Wechsel dar.

Die Situation: Der Unternehmer erkennt, dass die aktuelle ERP-Software nicht zukunftssicher ist. Es wird entschieden, sich nach einer neuen Software, einem neuen Anbieter umzusehen. Erste Gespräche verlaufen positiv und der Unternehmer gewinnt den Eindruck, dass das System gut passen könnte. Irgendwann kommt der Punkt, an dem mit dem Anbieter zusammen, oder vorab im Rahmen einer ERP-Auswahl, die Anforderungen des Unternehmens analysiert werden. Auch dieser Prozess verläuft meist noch relativ harmonisch. Die Anforderungen werden notiert und es naht der Tag der Angebotspräsentation.

Dies ist dann meist der Zeitpunkt, an dem klar wird, dass:

  • Das Projekt weit teurer wird als gedacht
  • Die Projektdauer vom Anbieter eher in Jahren als in Monaten abgeschätzt wird
  • Der Verbrauch an internen Ressourcen noch überhaupt nicht abschätzbar ist

An diesem Punkt gibt es dann verschiedene Möglichkeiten:

  • Scoping-Workshop (Projektscope = Projektumfang) zur Reduzierung des Projektumfangs
  • Review der erstellten Dokumente, um Einzelfunktionen zu identifizieren, auf die man gegebenenfalls am Anfang verzichten kann
  • Aufteilen des Projektes in unterschiedliche Phasen (vor und nach Go-live)
  • Etc.

Dieses Vorgehen kann leider zur Demotivation der Mitarbeiter des Projektteams führen. In meiner Zeit als ERP-Consultant und Projektleiter habe ich oft erlebt, dass Keyuser „beleidigt“ reagiert haben, wenn sie feststellten, dass bei der erneuten Priorisierung von Aufgaben ihre Anforderungen leider nicht mehr in Stufe 1 sind, oder gar aus dem Scope, also dem Projektumfang, gestrichen wurden. Man muss in jedem Fall einiges an Überzeugungsarbeit leisten, wenn man nach der Anforderungsanalyse Punkte streicht. Die Kommunikation mit den Mitarbeitern ist dabei auch essenziell.
 

Alternative Systemlandschaft: Der Einsatz von Insellösungen zur Reduktion der ERP-Komplexität

Ich persönlich schlage vor, die Sache anders anzugehen. Wenn die oben skizzierte Situation, also ein großer Funktionsumfang im aktuellen ERP-System, ohne dass diese Funktionen zur Zufriedenheit abgebildet sind (sonst würde man nicht wechseln), im Unternehmen zutrifft, sollte man sich zuallererst mit der gewünschten Systemlandschaft auseinandersetzen.

Dies betrifft z.B. die Frage, in welchen Bereichen man vielleicht lieber auf eine Spezialsoftware zurückgreifen sollte oder ob Anpassungen möglich sind. Ich persönlich (und hier driften die Meinungen sicherlich weit auseinander), befürworte mittlerweile wieder den Einsatz einiger Insellösungen, wenn es dadurch gelingt, die Komplexität des ERP-Systems zu reduzieren. Aus meiner Sicht spricht nichts gegen:

  • Ein professionelles QS-Tool
  • Eine CRM-Software
  • Ein Programm für die Maschineninstandhaltung

Einzusetzen und diese ggf. über Schnittstellen an das ERP-System anzubinden, falls dies überhaupt erforderlich ist. Manchmal genügt es auch schon, dieses System in eine gemeinsame Reportingplattform, wie z.B. ein Business Intelligence Tool zu integrieren und Abläufe zu standardisieren.
 

Nachteile von Insellösungen

Diese Vorgehensweise hat sicherlich nicht nur Vorteile:

  • Man hat später mehrere unterschiedliche Systeme und Abläufe im Unternehmen, die betreut und gewartet werden müssen
  • Das Zusammenführen von Daten muss per Schnittstelle implementiert, oder über ein BI Tool realisiert werden
  • Die Anzahl an Softwareprojekten steigt

Fazit: So können Zeit und Kosten beim ERP-Wechsel eingespart werden

Trotzdem bin ich der Ansicht, dass es viele Szenarios gibt, in denen die Vorteile überwiegen:

  • Einsparung von Lizenzkosten für die ERP-Software (die ERP-User sind meist teurer)
  • Verringerung der Projektlaufzeit des ERP-Projekts
  • Entzerrung der Ressourcenbelastung
  • Signifikant geringere Individualanpassungen im ERP-Projekt (oftmals müssen im ERP-Funktionalitäten programmiert werden, die eine Spezialsoftware im Standard hat und das auch noch wesentlich professioneller)
  • Man kann davon ausgehen, dass die Berater für die jeweilige Spezialsoftware mehr Know-how und Erfahrung aus anderen Projekten mitbringen, als es die ERP-Consultants in den Bereichen tun würden à Spezialisierung statt Generalisierung

Abschließend würde ich mal behaupten, dass sich der vorgelagerte Prozess, sich intensiv mit der eigenen (zukünftigen) Systemlandschaft auseinanderzusetzen, in jedem Fall lohnt. Die Erkenntnisse, die sich dort ergeben, helfen dem Projektteam definitiv im weiteren Prozess, auch wenn sich ergeben sollte, dass eine Rundumabdeckung durch ein ERP-System die präferierte Lösung ist.

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Über den Autor

In seinen Artikeln zum Thema ERP-Software beleuchtet der erfahrene Projektmanager alle relevanten Prozesse. Neben dem Thema Wirtschaftlichkeit steht dabei vor allem die Motivation aller Beteiligten im Vordergrund. Mit seinem bedürfnisorientierten 360°-Konzept und dem 6-Phasen-Modell deckt er alle Aspekte eines erfolgreichen ERP-Projekts ab.