Zielorientierter planen mit Project Scope
Es ist immer wieder erstaunlich: Selbst vermeintliche Basics im Bereich von Projekten werden vergessen oder durchgehend zu wenig beachtet. Einem dieser Basics widme ich mich in diesem Beitrag: dem Projektumfang bzw. Project Scope.
Der Projektumfang bildet das Herzstück jedes Projektes und ist das Fundamen, auf dem alle weiteren Projektaktivitäten aufbauen. Obwohl dies nach einer Selbstverständlichkeit klingt, wird der Projektumfang in der Praxis häufig nicht ausreichend beachtet. Dies kann zu Missverständnissen führen und letztlich die Projektergebnisse gefährden.
In diesem Blogbeitrag werden wir uns daher intensiv mit dem Projektumfang beschäftigen. Wir werden beleuchten, welche Rolle der Projektumfang im Projektmanagement spielt, wie er definiert wird und wie ein gut gesteuerter Projektumfang zu einer klaren Definition von Aufgaben und Erwartungen führt, welche wiederum die Erreichung der gewünschten Projektergebnisse unterstützt.
Was ist der Project Scope?
Der Projektumfang oder auch Project Scope definiert nicht nur die zu erfüllenden Aufgaben, sondern spielt auch eine wesentliche Rolle im Projektmanagement. Er setzt die Grenzen des Projekts fest und bestimmt, welche Aktivitäten Teil des Projekts sind und welche nicht. So schließt er auch den Nicht-Inhalt und die Nicht-Ziele mit ein. All diese Themen spielen eine entscheidende Rolle für die spätere Budgetierung sowie die Fortschritts- und Budgetkontrolle im laufenden Projekt.
Zu oft sehen wir, dass Projekte scheitern oder aus dem Ruder laufen, weil die Erwartungen nicht klar definiert wurden oder weil der Umfang im Laufe des Projekts unkontrolliert ansteigt.
Der Project Scope sollte außerdem meiner Erfahrung nach immer eine Beschreibung der Situation vor und nach dem Projekt umfassen. Insbesondere die Skizzierung der Finalsituation ist hilfreich, um sich während des Projekts jederzeit bewusst machen zu können, welches Endergebnis erreicht werden soll. Wie bereits hier erläutert, muss man sich regelmäßig fragen, welche Maßnahmen effektiv zum gewünschten Ergebnis führen.
Wozu ein Project Scope?
Jedes Ihrer Projekte erfüllt einen Sinn – zumindest sollte es so sein. Es dient also dazu, den Ist-Zustand in einen Soll-Zustand umzuwandeln. Dabei ist es egal, ob es sich um ERP-Projekt, ein Change-Projekt oder ein privates Vorhaben handelt. Die beteiligten Personen sollten unbedingt den Ist- und den Soll-Zustand kennen. Und zwar über alle beteiligten Bereiche bzw. Abteilungen hinweg. Das gilt ausdrücklich nicht nur für die Geschäftsleitung und den Projektleiter. Das ganze Projektteam soll die aktuelle Situation und den angestrebten Zustand kennen und im besten Falle sogar mitentwickeln. Nur allzu schnell fühlt sich ansonsten ein Teil des Teams ausgegrenzt („Immer die da oben…“) oder steht nicht mehr uneingeschränkt hinter den Maßnahmen oder Zielen („Das kann doch so gar nicht funktionieren – völlig unrealistisch.“).
Dabei hat er Projektumfang folgende Aufgaben zu klären:
- Definition von Zielen und Aufgaben mit einem realistischen Erwartungsmanagement und Zeitplan
- Ressourcenplanung von Teammitgliedern und Steuerung des Projektfortschrittes
- Risikovermeidung und der Vermeidung von Scope Creep
Was enthält der Project Scope?
Zum Project Scope sollte eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen gehören.
Dazu zählen:
- die Situation vor dem Projekt
- die Situation nach dem Projekt
- der Inhalt des Projekts
- die Nicht-Inhalte
- die Ziele des Projekts
- die Nicht-Ziele
Anschließend sollten die Inhalte und Nicht-Inhalte noch detaillierter definiert werden. Dazu kann man beispielsweise je Abteilung die einzelnen Prozesse und Funktionen auflisten und mit einer Kurzbeschreibung versehen.
Eine Notiz im Projekt Scope könnte entsprechend etwa folgendermaßen aussehen:
- Kategorie: Planung
- Unterkategorie: Schnittstelle Planung / Vertrieb
- Beschreibung: Bei Verschiebung eines Fertigungsauftrages muss der Vertrieb direkt informiert werden, falls ein Kundentermin durch die Verschiebung gefährdet wird.
Es ist dabei nicht nötig, die einzelnen Punkte sehr umfangreich auszuformulieren. Hier spielt es auch noch keine Rolle, wie gut sich ein einzuführendes System für diese Anforderung eignen würde, oder welches Medium eingesetzt wird (z.B. interner Workflow, automatisierte E-Mail). Zu diesem Zeitpunkt steht lediglich fest, dass diese Funktion Teil des Projekts sein wird und somit zum Umfang des zu erreichenden Projektziel gehört.
Die Erstellung des Project Scope
Zur Erstellung des Project Scope gibt es unterschiedliche Ansätze. Welcher Ansatz der Beste ist, hängt entscheidend von den Herausforderungen ab, die zwischen dem Ist- und dem Soll- Zustand liegen. Die Einsätze unterscheiden sich nicht nur im Umfang, sondern auch im Zeitplan und der Erwartung. Im ERP-Kontext sind unterschiedlichste Szenarien denkbar, von denen ich zwei exemplarisch beschreiben möchte:
Das „1:1“-Update
Die Ausgangslage bei dieser Art von Projekt ist sehr klar: Sie verfügen bereits über ein ERP-System, das Ihre Anforderungen nahezu vollständig erfüllt. Es ist vielleicht ein wenig in die Jahre gekommen, neue Systeme und Geräte lassen sich nicht mehr anbinden – jedenfalls nicht mit vertretbarem Aufwand – und womöglich will der Anbieter den Support einstellen oder hat dies bereits getan. Ihre Benutzer kennen sich gut im System aus und es gibt eine neue Version, deren Einführung Sie planen.
In diesem Fall kann der Entstehungsprozess für den Project Scope knapp ausfallen. Im Kern sollte sich das Dokument mit den umzusetzenden Neuerungen befassen, sofern man sich intern und mit dem Anbieter einig ist, dass sich die Funktionen, die nicht im Scope enthalten sind, am bestehenden System orientieren. In kurzen Workshops mit den Fachabteilungen können Sie zusätzlich noch einzelne Schwachstellen des aktuellen Systems aufnehmen und entscheiden, ob sie in Ihrem Projekt mitbearbeitet werden sollen. Anderenfalls können Sie diesen Schritt auch auf einer Stufe nach dem Echtstart angehen.
Die Neueinführung
Die Ausgangslage bei dieser Art von Projekt ist grundsätzlich anders: Das bestehende System ist den aktuellen und kommenden Anforderungen nicht mehr gewachsen. Vielleicht hat sich Ihr Business so stark verändert oder vergrößert, dass Ihr System nicht mehr die nötige Leistung bietet bzw. die aktuellen Prozesse nicht mehr optimal unterstützt.
Ein weiterer Grund für eine Neueinführung kann sein, dass die aktuell eingesetzte Version des ERP-Systems für eine verhältnismäßigen Migrationsaufwand zu weit von der aktuellen Version entfernt ist.
In solchen Fällen sollten Sie für die Erstellung und die Verifizierung des Project Scopes mehr Zeit einplanen. Denn nicht nur die Abweichung vom aktuellen System muss hier beschrieben werden, sondern der Gesamtumfang der Software und somit des ganzen Projekts. Dazu können mit den einzelnen Bereichen Interviews geführt oder Workshops abgehalten werden. In vielen Fällen ist es auch zweckmäßig, eine Potentialanalyse im Vorfeld zum eigentlichen ERP-Projekt vorzunehmen.
Im nächsten Blogbeitrag erläutere ich die Verwendung und Aktualisierung des Project Scope im Projektverlauf näher.